Als ich den imaginalen Ansatz für mich entdeckte, hatte ich in meiner Praxis des systemischen Coachings eine Grenze erreicht. Die Techniken funktionierten zwar, ich kam aber zur Einsicht, dass etwas Wesentliches fehlte.
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An einer Grenze angekommen
Eines Tages hatte ich einen Klienten, der sich sehr überfordert und einsam fühlte. Sein Geschäft lief nicht und seine Frau drohte mit der Scheidung. Im Rahmen einer Familienaufstellung konnte er einige schwere Päckchen, die er bis dahin mit sich herumgetragen hatte und die er als „nicht zu ihm gehörend“ identifizieren konnte, ablegen.
Danach fühlte er sich zwar leichter. Er fühlte sich aber nicht wirklich gut. Um das zu ändern, arbeiteten wir mit symbolischen Gesten, die von bekräftigenden Affirmationen begleitet, die Stimmung des Klienten positiv veränderten. Wenn er sich schwach fühlte, sollte er diese Geste ausführen und so ein Gefühl der Stärke hervorrufen.
Das alles war hilfreich, es ging dem Klienten danach beruflich und privat allmählich besser. Aber bei mir hinterliess diese Erfahrung in meinem Wirken zum ersten Mal ein Gefühl von „Unvollständigkeit“ und „Anstrengung“. Dieser Mann war immer noch allein mit sich selbst, und da er nicht gläubig war, hatte er auch keine spirituelle Unterstützung.
Mein Coaching-Ansatz hatte zwar damals schon eine spirituelle Dimension – ich kannte auch verschiedene Hilfsmittel und Techniken aus diesem Bereich – jedoch wendete ich sie selten an. Warum eigentlich? Weil ich glaubte, dass sich die göttliche Welt nicht für unsere kleinen Sorgen interessierte. Bald sollte ich erkennen, dass ich falsch lag.
Ich wusste, dass ich bei grösseren Notfällen immer auf die Unterstützung der göttlichen Welt zählen konnte. Da war ich mir sicher, weil ich selbst es schon mehrmals erlebt hatte. Aber im Life Coaching? Da geht es nicht um grössere Notfälle, sondern um die Sorgen unseres Alltags, unsere Stärken und unsere Schwächen, unsere Projekte, Sehnsüchte und Lebensträume.
Wie viele andere suchte ich im Internet nach Lösungen, um meine Coachings noch umfassender zu gestalten und fand… einen Regenbogen-Drachen.
Der Regenbogen-Drache
Es war das Logo von Selene Calloni Williams und ihrer Imaginal Academy. Ich kann nicht genau sagen warum, aber ich war sofort fasziniert. Noch bevor ich mir angeschaut hatte, was dort angeboten wurde, spürte ich, dass ich ein grosses Geschenk entdeckt hatte.
Ich betrat eine poetisch-mystische Welt, die jedoch eng mit meiner alltäglichen Realität verbunden war. Und mein Leben veränderte sich sehr zum Positiven!
Mit meiner neuen Lebensphilosophie fing ich an, meine Freundinnen und Freunde, mein ganzes Umfeld zu coachen und die Fortschritte und Erfolge liessen nicht lange auf sich warten.
Die Quintessenz des imaginalen Ansatzes ist die Antwort für alles Leid und alle Prüfungen im Leben. Eine spirituelle Antwort zwar. Sie hilft aber in jedem Lebensbereich. Keine Sorge ist zu klein, kein Kummer zu unbedeutend.
Auch die spirituelle Dimension meines früheren Coaching-Ansatzes griff ähnliche Themen auf und ich hätte auch genauso weiter coachen können. Aber der Blick zurück fiel mir schwer.
Denn in meinem Kopf hatte der Regenbogen-Drache mit seinem vielfarbigen Atem einen letzten Rest an Nebel für immer zerstreut und eine umfassende Wahrheit freigelegt. Der imaginale Ansatz hatte mein Leben unwiderruflich verändert.
Und was ist nun der imaginale Ansatz genau?
Eine Reise in die Leere
Stell dir vor, du bist reines, klares Licht, das in einer endlosen, ewig glückseligen Leere strahlt. Die Buddhisten nennen diese Leere: Śūnyatā.
Wunderschönes Wort, findest du auch?
Bevor wir auf die Erde kommen, befinden wir uns in genau diesem immateriellen, ekstatischen Zustand. Kaum vorstellbar, dass wir uns dazu entscheiden, uns in einem dichten Körper zu materialisieren und uns mit Steuererklärungen, Beziehungskrisen, Krankheiten und Sterben zu befassen, oder?
In sämtlichen Schöpfungsmythen ist von einer Art Bruch oder Perturbation im Kontinuum die Rede, die zu einer Trennung von Mutter Erde und Vater Himmel führt. Und auch wir trennen uns auf, lösen uns von unserem unsterblichen Ursprung und wählen unser menschliches Leben. Warum? Eine mögliche Erklärung ist, dass es in einem dichten, limitierten Körper viel einfacher ist, sich seiner selbst bewusst zu werden, sich zu konzentrieren und auch zu lieben!
Unsere menschliche Existenz ist also ein „Selbsterfahrungstrip“ der Seele. Durch unsere Inkarnation entsteht die Dualität, die die Wurzel allen Übels, jedoch gleichzeitig das grosse Mittel unserer Befreiung ist!
Vorher warst du Mutter und Vater in einem, jetzt bist du entzweit und suchst sehnsüchtig nach deiner geliebten aber von dir entfernten Hälfte. Du glaubst, in deinem Körper gefangen zu sein und folgst den Anweisungen deines Verstandes, der „Facility Manager“ deines Körpers, der dafür sorgt, dass du lang lebst, alles unter Kontrolle hast und jeden Gedanken ans Sterben verdrängst.
Wie kamst du zu deinem Körper? Wenn „vorher“ alles reines Licht in die Leere war, woraus soll die Materie entstanden sein, aus der du geschaffen wurdest? Und vor allem: Woraus besteht diese Materie? Was wird aus dir, wenn du stirbst? Sand im Meer? Sternenstaub?
Glücklich sein ist etwas, für das wir uns selbst entscheiden müssen,
ein Zustand, den wir wählen können.
Alles ist das Ergebnis eines Beschlusses, einer tiefgreifenden Entscheidung.
Sogar um geboren zu werden oder zu sterben,
musst du „Ja“ sagen.
Jede Veränderung bedeutet eine Entscheidung.
Freude zu empfinden ist eine Entscheidung,
In der Freude zu bleiben ist eine Entscheidung,
Die Freude zu intensivieren ist eine Entscheidung.
Selene Calloni Williams
Dein „Vehikel der reinen Erscheinung“
Der imaginale Ansatz ist der grosse Weg, der uns von der Illusion befreit, vom Ganzen getrennt und ein materielles Objekt zu sein. Ähnlich wie im Buddhismus, betrachtet dieser Ansatz den Körper als ein Symbol, ein „Vehikel der reinen Erscheinung“.
Die Substantialität, die Objektivität der Dinge ist chitta maya, die Illusion des Bewusstseins, auf der Samsara entsteht, das grosse Rad von Tod und Wiedergeburt.
Wie es der Buddha Shakyamuni gelehrt hat: Wenn der Mensch aus dieser Illusion erwacht und sich der wahren Natur der Realität bewusst wird, hört das Leiden sofort auf. Jedoch wehrt sich der Verstand gegen diese Erkenntnis.
Den imaginale Ansatz zu praktizieren, bedeutet, „Seele zu formen“, d.h. die Realität zu entpersönlichen und zu entmaterialisieren. Jeder Mensch, jedes Ding, jeder Gegenstand, jedes Ereignis wird in seine wahre Natur als Traum, als Erscheinung zurückgeführt.
Keine leichte Kost? Wenn du das denkst, bitte ich dich, noch etwas weiterzulesen. Mit offenem Herz und Verstand. Vielleicht lässt du dich verzaubern…
Die Bilder, d.h. die Personen, Orte, Ereignisse deines Lebens sind der Traum deiner Seele. Um auf die Erde zu kommen, brauchst du ein Karma, d.h. eine Aufgabe, ein Problem zu lösen oder eine Mission zu erfüllen. Niemand kann auf die Erde „herunterkommen“ ohne eine karmische Last. Daher ist bei jedem von uns immer ein kleiner problematischer Kern vorhanden.
Daran ist aber nichts verkehrt, es gibt nichts zurechtzubiegen, zu verbessern oder zu „normalisieren“. Unsere Aufgabe ist, falsche Vorstellungen, d.h. unseren Mythos, unser Glaubenssystem, die Anhaftungen und Ängste unseres Verstandes loszulassen.
Es ist jedoch nicht einfach, weil unser Verstand keine Lust hat, die Kontrolle zu verlieren. Er glaubt, wenn er loslässt, ist es für ihn das Ende! Tatsächlich ist es sein Ende als Chef, aber als Mitarbeiter oder sogar als Partner, ist er höchst willkommen (und unumgänglich!)
Eine Brücke zwischen Osten und Westen
Der imaginale Ansatz ist nicht neu, sein Ursprung verliert sich in den Tiefen der Zeit.
Beschrieben und theoretisiert wurde er im Westen durch visionäre Denker und Autoren wie Henri Corbin, C.G. Jung oder James Hillman, dessen Schülerin Selene Calloni Williams, meine eigene Lehrerin, war.
Weitere grosse Autoren und Mystiker, von Tilopa bis zur Tänzerin des Himmels, von Abhinavagupta bis Sri Aurobindo, und durch den Sufismus von Rûmi, sind die östlichen Inspiratoren dieser Philosophie.
Der imaginale Pfad ist eine grosse Regenbogen-Brücke, die Ost und West, die Antike und die Zukunft verbindet. Er macht die Quelle des wahren Glücks für uns erfahrbar und verbindet das uralte Wissen der tantrischen Meister und Theravada-Mönchen, der Mystiker und christlichen Historikern, Schamanen, Sufis und Yogis.
„Auf der Suche nach dem Glück“ oder besser noch „Die Geheimnisse des Glücks“: so könnte man das Abenteuer des imaginalen Ansatzes auch benennen.
Dieser verwendet Worte und Bilder mit evokativer Kraft. Sie verlangen nicht, geglaubt, verstanden oder analysiert zu werden. Ganz im Gegenteil. Sie wollen einfach nur gehört und in einem friedlichen Zustand, in völliger Abwesenheit von Anstrengung, visualisiert werden.
Konkret: wie läuft ein imaginales Coaching ab?
„Du kannst keine Probleme, die durch den Verstand verursacht wurden, durch den Verstand lösen“.
Wenn du dein Leben nur analysierst, reflektierst und interpretierst, kommst du mit deiner inneren Verwandlung nicht weit. Das ist die Bedeutung dieses Satzes.
Daher fokussiert sich ein imaginales Coaching darauf, dich in eine Welt zu bringen, wo der Verstand etwas von seiner kontrollierenden Macht verliert. Wir gehen in einen Zustand, der im schamanischen Yoga „Ekstase“ genannt wird. Dies geschieht durch Atemübungen und leichte Körperbewegungen.
Du kommst dann in deinen imaginalen Wald, ein Ort jenseits von Raum und Zeit, tief in deiner Psyche verborgen. Ein Ort nur für dich, wo alle Bedingungen herrschen, die für dich optimal sind.
Dann fängt die eigentliche Arbeit an, sei es,
- einen neuen Blickwinkel auf deine eigene Geschichte zu entwickeln
- deine inneren Friedensstörer zu deinen Verbündeten zu machen (Emotionsarbeit)
- eine Reise in dein Inneres zu unternehmen, um Gaben und Talente zu aktivieren, oder verlorene Seelenanteile zurückzuholen
- einen Blick in deine früheren oder zukünftigen Leben zu werfen (Regression oder Progression)
- mit Hilfe einer Familienaufstellung dein Herkunftssystem zu untersuchen
- durch das imaginale Theater mehr über die Systeme zu erfahren, in denen du dich bewegst (entspricht in etwa einer systemischen Aufstellung)
Am Schluss bedanken wir uns bei allen sichtbaren und unsichtbaren Beteiligten und bieten die Vorteile dieser Praktiken allen fühlenden Wesen an.
Der Gedanke des Herzens
Lesen wir jetzt ein paar Worte der Hauptvertreterin des imaginalen Ansatzes, Selene Calloni Williams:
„Das Imaginale ist ein zusätzlicher Schritt, der dich in eine andere Welt bringt, in der es keine Machtkategorien gibt, in der alles ein Bild ist und alle Bilder ein einziges Bild sind, das grosse Imago, das Liebe heisst.
Sich selbst und seine Geschichte mit imaginalen Augen zu sehen bedeutet, die Ereignisse, die man erlebt, als Geister, Wesenheiten, Bilder, Gottheiten, Genies zu erfahren.
Wenn wir lernen, mit diesen Göttern und Geistern in Beziehung zu treten, lernen wir, das Unsichtbare wahrzunehmen. Dies ist durch den imaginalen Ansatz und das mythologische Denken möglich, während es mit dem logischen Verstand nicht geschehen kann.
Nur der Gedanke des Herzens ermöglicht uns den Kontakt mit dem Unsichtbaren“.
Kreiere ein Leben, das dir wirklich entspricht
„Alles in dir sei Freude, denn dies ist deine Bestimmung!“ Sri Aurobindo
Wenn der gleiche Klient, den ich am Anfang erwähnt habe, jetzt mit mir eine Familienaufstellung machen würde, wie würde ich vorgehen?
Ich würde dem Klienten sagen: „Wir sind alle eins, nichts existiert für sich allein. Daher sind alle Anliegen der Vorfahren, die in der Familienaufstellung auftauchen, auch deine eigenen Anliegen!
Konzentriere dich auf die Emotionen, die bei dir entstehen, und befreie sie von jeglichem mentalen Urteil, segne sie, liebe sie und vertraue ihnen. Sie sind nämlich da, damit du wachsen kannst. Nimm sie als deine Verbündeten mit, und kreiere mit ihnen ein Leben, das dir wirklich entspricht!
Du wirst dir bewusst, dass du unendlich geliebt bist und dass Leiden eine Illusion ist. Dein natürlicher Zustand ist Freude! Im tantrischen schamanischen Yoga heisst es, dass all das das Ergebnis einer Entscheidung ist. Nimm dir fest vor, dich zur Freude zu bewegen“!
Möchtest auch du in die Freude gehen?